startschuss

Vom schwierigen Start des Beginnens

Ein lauwarmer Dezembertag: Weihnachten ist noch nicht ganz in Reichweite, der Naschteller aber schon dermaßen befüllt, als gäbe es morgen nix Süßes mehr bei Lidl. Heute geht’s los, heute starte ich ein neues Kapitel. Ab heute werde ich mich der Menschheit endlich in dem Kanal mitteilen, den ich auch beruflich jahrelang mit meinen geistigen Ergüssen gequält habe bzw. die Kunden und Follower meiner Arbeitgeber. Ein Blog soll es sein. Vor zehn Jahren wäre es dank meines zur Quasi-Vollkommenheit perfektionierten Sportwissens ein Sport-Blog geworden. Vor fünf Jahren dagegen hätte ich vermutlich Neuigkeiten aus der Internetwirtschaft gepostet und kommentiert. Hätte, wäre, wenn. Im Jahr 2017 sind das alles Nihilitäten, jetzt, da ich seit gut drei Jahren eine neue stetig wachsende Lebensaufgabe habe. Einen Job, der mich von nun an mein Leben lang begleiten wird, ohne Aussicht auf Kündigung oder Frühverrentung: Ich bin ein Papa bzw. inzwischen drei Mal Papa.

Nun also, an diesem Dezembertag, wo die Idee längst geboren, ein knackiger Name gefunden, der weltbeste Bloghoster engagiert, das Theme aufgesetzt (schließlich liest das Auge mit) und der Willkommens-Post geschrieben ist, gerade jetzt, werden die, um die es hier letztendlich gehen soll, krank. Eine(r) nach der/m anderen. Die armen Lütten. Warum also nun nicht aus der Not eine Tugend machen: Kann es ein spannenderes Thema für ein Initialposting geben als die gute, alte „Seuche“?! Nö.

Krank zu sein, das ist nicht schwer, Vater sein, dagegen sehr

Eine kurze Auflistung, was uns kinderkrankheitstechnisch so alles widerfahren ist in dieser Dezemberwoche – der Einfachheit halber in alphabetischer Reihenfolge: Bronchitis, Durchfall, Erbrechen, Fieber, Heiserkeit, Husten, Mittelohrentzündung, Schnupfen, Übelkeit, Zahnungsschmerzen.

Was sich wie das Who-is-Who der gesammelten Krankheiten einer ganzen KITA liest, entpuppt sich nun also als die konzentrierte Malaise meiner unmittelbaren Nachkommen. Ein wahres Diagnosejeopardy für jeden Kinderarzt. Vater eines kränkelnden Kindes zu sein – oder eben gleich mal von dreien – ist vermutlich nicht nur für mich eine der herausfordernsten Erfahrungen, die man in den Säuglings- und Vorschuljahren macht. Hatschieeh.

Damals, als der Stammhalter noch Einzelkind war, erlebte ich zum allerersten Mal dieses Gefühl ein Co-Kranker zu sein. Jedes Husten, das dem Kinde aus den winzigen Bronchen entfloh, tat dir selbst weh. Oder eine typisch laufende Kindernase, bei der man fassungslos daneben steht, wenn das Sekret literweise den Fußboden, die Couch oder jede beliebige andere Oberfläche benetzt. Die armen Kleinen. Vielleicht ist Mitleid hier aber doch unangebracht. Denn die Racker sind meist viel robuster als die Eltern. Denn man fragt sich doch, wie man es mit ganzen 6 Monaten Lebenserfahrung bewerkstelligen kann, bei 40+ Fieber bäuchlings über den Boden zu robben und dabei dennoch ein breites Grinsen auf den großen Pausbacken hervorzuzaubern. Männer sind nicht fürs Kranksein gemacht – aber gerade deshalb können wir vermutlich so gut mitleiden mit den Zwergen.

Dabei ist es auch nicht nur die Erkältung oder der Husten der Kinder an sich, die einem den kalten Schweiß auf die Stirn treiben, sondern die Unsicherheit darüber, wie man den kleinen Wesen am besten helfen könnte – ohne ihnen zu schaden. Sich selbst bei Erkältungs-Krankheiten zu helfen, ist dagegen geradezu simpel. Hastig schluckt man zwei lecker unzerkaute Paracetamol, eine Grippostad-Kapsel und zur Sicherheit noch eine Aspirin (weil Aspirin immer wirkt) mit einem großen Schluck Cola Light den eitrigen Rachen herunter, um anschließend die kombinierte Vitamin C-, Magnesium- und Calcium-Brausetablette mit einem großen Energy-Drink runterzuwürgen. Das alles wiederholt man drei mal täglich und wie von Zauberhand geht’s einem schon nach sechs bis acht Tagen besser – vom Leberschaden, Herzrhythmusstörungen und Magengeschwür mal abgesehen. Wie gesagt, sooo einfach. Aber was tun, wenn der Kleine trockener hustet als die Sahara?

Kinderärzte – Götter in… ähhh…bunt

Seit dem Tag, an dem ich den ersten halben Kinderfreibetrag mein Eigen nennen konnte, ist der Gang zum Kinderarzt die am häufigsten zurückgelegte Wegstrecke mitsamt Kind und rangiert damit noch vor dem Besuch des ansässigen Lebensmitteldiscounters, bei dem „immer erst ein Brötchen angebissen werden muss“ und dem öffentlichen Spielplatz, auf dem heutzutage allein mehr Spielgeräte zu finden sind als damals in meiner gesamten Heimatstadt zusammen, zu Zeiten, als ich noch in die Hosen gemacht habe. Wenn man als Papa dann noch mit einer gepflegten Arzt-Neurose aufwarten kann, freut man sich jedesmal wieder genauso wahnsinnig auf den Besuch der Bazillenbude wie auf eine Bar-Mizwa oder die „Große Hafenrundfahrt“, die vor allem Männer jenseits der Fuffzig kennen. Der Besuch beim Kinderarzt ist so gewöhnlich geworden wie der mitternächtliche Gang zum Klo.

Und ja, der erste Eindruck bestätigt immer wieder die größten Befürchtungen, dass man an diesem Ort, der Heilung verspricht, nur noch kranker wird. Was für eine Heidenfreude es doch für die kränkelnden Knirpse und Gören ist, wenn sie mit rotzverklebtem, fiebrigem Gesicht und müffelndem Hustenauswurf gemeinsam im Vorzimmer-Kletterpark herumtollen und dabei Viren, Bakterien und Keime spielend austauschen – nach dem Motto: wer will noch was, wer hat noch nicht (alles)?

Das ist allerdings nur die eine Seite der Medaille. Hinter der klebrigen Fassade verbirgt sich eine vollprofessionelle Gesundheits-Manufaktur, in der die kleinen Bazillenschleudern von einer Heerschar freundlicher, kittelloser Arzthelferinnen und Doktoren betreut werden – und das immer mit ganz viel Empathie, Herz und einer großen Portion Kompetenz. Genauso wichtig wie das Rezept, die Medikation oder die Hausmittelchen-Tipps, die man erhält, ist das Gefühl der Sicherheit und der Erleichterung, mit dem man meist den Weg nach Hause antritt. Gefühle, die einem kein Gesundheitsforum, keine Apotheken-Umschau und kein Globuli der Welt bieten kann!

Wenn „Englische Woche“ auf „Englischen Patienten“ trifft

Kennt ihr „Englische Wochen“? Nein, das sind keine Fish & Chips-Aktionswochen eines Burger-Braters. Wer Fußball mag, liebt „Englische Wochen“. Bedeutet nichts weiter als auch unter der Woche viel Fußball in der Glotze, also in der Frequenz Samstag-Mittwoch-Samstag. So weit, so gut.

Kommen wir zum „Englischen Patienten“. Ich habe den Film ehrlich gesagt nie gesehen, zumindest bewusst, soweit ich erinnere. Aber Voldemort spielt mit, dann muss er wohl gut sein. Egal, auch nicht wichtig. Worauf ich hinaus möchte, ist die Kombination beider Termina zur knackigen neuen Wortschöpfung der „Englischen Patientenwochen“. WTF?! Seitdem ich das Privileg genieße, sowohl Vater eines Thronfolgers als auch von Zwillingsprinzessinnen zu sein, sind „Englische Patientenwochen“ zum festen Bestandteil unseres Familienlebens geworden. Beispiel gefällig: Es ist Samstag und eines der Kinder startet mit einem fiebrigen Infekt ins Wochenende. Sauber, da kommt Freude auf. Es gibt doch nix Schöneres als Samstagnachmittag Wadenwickel zur Bundesliga-Konferenz zu wechseln. Abends dann die erste Paracetamol fürs Kind – und eine für den Papa. Der Sonntag, Montag und Dienstag sind damit schon mal gelaufen, da man in dieser Zeit nur noch darauf bedacht ist, das Fieber unter 40 zu drücken und krampfhaft versucht die Kinder räumlich zu trennen, um damit den Austausch von Spucke unter den sabbernden Familienmitgliedern so gut es geht zu vermeiden. Wie naiv man doch ist. Der Infekt findet immer einen Weg. Während Kind 1 am Mittwoch wieder auf dem Weg zu einem normal futternden Schreihals mit festem Stuhlgang ist, hat sich der Infekt als Version 2.0 sein zweites Opfer gesucht, jetzt mit verbesserter Widerstandsfähigkeit und dem neuen Feature schleimig-nasser Husten. Spätestens jetzt weißt du, der Rest der Woche ist gelaufen. Nach zwei weiteren Tagen voller voller Höschen, vieler Zäpfchen, vielen Tränchen und gänzlich ohne zusammenhängenden Schönheitsschlaf von mehr als 120 Minuten, fühlst du dich mindestens so gerädert wie die Kinder. Und dann kommt Tag 7, wieder ein Samstag. Alles scheint überstanden, das Wochenende gerettet – bis zu dem Moment, in dem bei Kind 3 ein heftig einsetzender trockener Husten gepaart mit röchelnd-rasselnden Atemgeräuschen die Fahrt in die Notaufnahme des ortsansässigen Kinderkrankenhauses heraufbeschwört. Klasse, Hauptgewinn! Nicht ganz unerwähnt soll bleiben, dass der nächste Mittwoch schon wieder neue tolle Krankheitsfeatures bereithalten kann, getreu dem Motto: „Und regelmäßig grüßen die Englischen Patientenwochen!“

Womit sich der Kreis nun wieder schließt. Am Anfang war die Krankheit. Aber einmal akzeptiert, dass kränkelnde Kinder zum Großwerden dazugehören so wie Schlagsahne auf einen Erdbeerkuchen, macht die Zeit des Kränkeln für die Eltern womöglich etwas erträglicher. In diesem Sinne: Gute Besserung!

Source Image: https://www.freestock.com/free-photos/boy-screaming-arms-open-isolated-white-105635438

Veröffentlicht von

rabaukenpapa

Stolzer Dreifach-Papa und CFO (Chief Family Officer), weil gesegnet mit Thronfolger und Zwillings-Prinzessinnen. Vor dem Papa-Job ein Jahrzehnt in der Kommunikation und Werbung tätig, dabei erinnerte Vieles oft an Kindergarten, den ich jetzt 24/7 real zuhause habe.

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